Verwandtenbesuch
Vom Stammtisch Deutschland-Mitte wurde eine Ausfahrt zum VW-Museum organisiert. Der Museumsbesuch wurde mit einem Buffet eröffnet, bei dem wir durch Herrn Kittel, dem Geschäftsführer der Stiftung AutoMuseum Volkswagen begrüßt wurden. Anschließend begann unter seiner Leitung, bzw. seines Mitarbeiters, die intensive Führung durch das Museum.
Der Verfasser dieses Berichtes schätzt das Museum sehr, da hier deutsche Ingenieurskunst erlebbar wird und bei jedem Besuch immer wieder festzustellen ist: ingenius – sinnreiche Erfindung oder Scharfsinn – nicht umsonst galt ingenius schon im Mittelalter als Lehnwort für "Ingenieur"!
Die Stiftung AutoMuseum Volkswagen besitzt insgesamt 250 Fahrzeuge, wobei sich zurzeit in der Ausstellung im Museum selbst 150 Fahrzeuge befinden. Die restlichen Autos sind in 5 Depots untergebracht oder in anderweitigen Sonderausstellungen zu bestaunen. Das Museum wird ständig umdekoriert, gewisse Schwerpunkte gesetzt, um dem Interessenten auch bei wiederholten Besuchen immer wieder neue Eindrücke zu vermitteln.
Unsere Führung begann beim ersten Brezel-Käfer, der einst mit starken 25 PS über die Straßen Deutschlands donnerte; wir bestaunten anschließend den Ovali von 1955, der bereits 30 PS aufweisen konnte. Es folgte der Dienstwagen von Nordhoff, der dann schon 34 PS hatte. Am ausgestellten Fahrgestell konnten wir die wartungsfreie Vorderachse in Augenschein nehmen, die Besonderheit des VWs gegenüber den Fahrzeugen der Mitbewerber. Im Übrigen: Der Käfermotor läuft heute immer noch als Industriemotor, z. B. in Notstromanlagen.
Während der Führung erfuhren wir auch, wie Mercedes bei Audi einstieg und anschließend von VW übernommen wurde. So wurde der erste neu entwickelte Audi zum VW-Polo! Ein eigenes Thema stellte der Käfer-Nachfolger mit den verschiedensten Studien dar.
Die Versuch-Autos, die mit einem Liter Benzin 1.400 km fahren konnten, weckten besonders großes Interesse. Ebenso interessiert waren wir allerdings auch an den nicht aufbereiteten Fahrzeugen, die im Magazin unter Kunststofffolien standen, nicht poliert waren und sich noch gänzlich im Originalzustand befanden.
Leider durften wir hier nicht fotografieren, was uns aber eine große Freude gewesen wäre. Unter anderem stand hier ein VW Käfer mit 4 Zylindern und Wasserkühler.
Wir erfuhren auch, dass der Golf in Amerika verfälscht wurde, er hatte ein weitaus weicheres Fahrwerk. Der USA-Golf „Rabbit“ war mit unserem Golf hier in Deutschland nicht mehr vergleichbar. Die Nachfrage sank, weil er nicht „Made in Germany“ war.
Auch über das Auslandsgeschäft von VW wurde uns berichtet, so wurde z. B. der Jeans-Käfer nur aus dem Grunde kreiert, da VW Jeansstoff über Kompensationsgeschäfte in großen Mengen als Bezahlung von Südamerika erhielt. Kurzerhand wurde damit der Jeans-Käfer ausgestattet!
Die Einkäufer von VW hatten z. B. ein Dauervisum für die DDR in der Zeit, als der Golf für die DDR produziert wurde. Sie suchten in der gesamten DDR nach Gegenständen, die man in Kompensationsgeschäften als Vergütung nehmen könnte, die problemlos auch im Westen weiter verkäuflich waren.
Wir sahen noch einen Polo-Versuch mit Kompressor-Lader und einen Käfer mit Heckflossenprototyp.
Die Führung durch das AutoMuseum Volkswagen war ein herrliches, technisches Erlebnis. Leider schafften wir es nicht mehr, das Kunstmuseum Wolfsburg aufzusuchen, das durchaus auch eine kritische Darstellung über VW, Porsche und der Stadt Wolfsburg selbst – ein Industriebetrieb mit einem Stadtfortsatz – bot.
Nach unserem erlebnisreichen Rundgang durch die Stiftung AutoMuseum Volkswagen fuhren wir zu Jürgen Kolle, einem Freund unseres Stammtisches und ein aktiver Sammler mit großem Magazin in Braunschweig-Hondelage. Hier fand ein Treffen von Brasilia-VWs statt – alles VWs, die in Brasilien gebaut wurden. Es stand dort auch ein zugelassener VW Brasilia, eine Kreuzung zwischen Typ 3 und Typ 4, den wir bewunderten. Wir konnten uns in einen SP2 hineinsetzen, von dem es in Europa sowieso nur zwölf Stück gibt.
Jürgen Kolle zeigte uns seine private Sammlung. Neben dem alten Polizei-Käfer befanden sich hier auch ein NSU Ro 80, der als Versuchsfahrzeug mit einem Audi-Motor umgebaut war und einen serienmäßigen Ro 80 mit Wankelmotor. Mit Interesse lauschten wir seinem Bericht über seine unterschiedlichen Fahrerlebnisse mit diesen beiden Fahrzeugen und betrachteten noch einmal das Plakat des letzten Käfers der in Mexiko vom Band lief, das in Jürgen Kolles Sammlung ebenfalls einen Platz fand.